1. „Segenszeit im Riesenrad“: ein voller Erfolg
Mit Gott und mit Aussicht
Machten den Anfang eines wahren Segensmarathons beim Langener Ebbelwoifest: Wenzel und Karin Hausmann, Begründer der gleichnamigen Schaustellerdynastie, ließen es sich nicht nehmen, als Allererste und anlässlich ihrer Goldenen Hochzeit von Dekan Steffen Held Gottes Segen zugesprochen zu bekommen.
Unten das geschäftige Treiben des Festes am bisher heißesten Wochenende des Jahres, oben ein kühler Wind, der durchatmen ließ. „Es ist wie eine andere Welt da oben“, beschreibt ein Fahrgast. „Man kommt zur Ruhe – und plötzlich ist da Raum für Gedanken, für Sehnsucht, für ein Gebet.“
„Ich glaube, den brauch‘ ich jetzt!“
„Die Gondel ist ein Super-Ort für den Segen“, sagt Dekan Steffen Held, der gemeinsam mit mehreren Pfarrerinnen und Pfarrern, Kolleginnen im Gemeindepädagogischen Dienst und Prädikantinnen das Segensangebot gestaltete. „Der Moment des Segens ist oft sehr dicht, viele Menschen haben Tränen in den Augen, es wird auch mal geweint, dann gelacht – viel Dankbarkeit und Erfüllung kommt mir entgegen, nachdem ich Gottes Segen zusprechen durfte.“
In zahlreichen Gesprächen, die am Boden mit einem kurzen „Welcome-in-Gespräch“ begannen, sprachen die Menschen über das, was sie gerade beschäftigt: Dankbarkeit, Hoffnung, Krankheit, Sorgen – verbunden mit dem Wunsch: „Ich möchte mir Gottes Segen zusprechen lassen. Ich glaube, den brauch‘ ich jetzt.“
Andere kamen schon gut vorbereitet und wollten sich bewusst etwa kurz nach ihrem Hochzeitstag noch einmal segnen lassen – oder wie das Schausteller-Ehepaar Hausmann, das gleich die eigene Goldene Hochzeit als Anlass für eine gemeinsame Segens-Auszeit mit der Familie im Riesenrad nahm.
Intensive Begegnungen auf Zeit in der Gondel
Auch Martina Hofmann-Becker, Prädikantin aus Langen, berichtet von bewegenden Momenten: „Die Menschen kamen schnell auf den Punkt – weil die Zeit knapp war und die Situation einerseits Schutz bot, andererseits durch die Begrenzung auf eine Fahrt mit dem Riesenrad auch zeitlich befristet war.“ Manche baten schlicht um Segen für Gesundheit und Frieden. Andere sprachen über tiefere Themen: Erschöpfung, Trauer, Beziehungskrisen. Besonders eindrücklich war für sie eine junge Familie in einer Sinn- und Beziehungskrise. „Im Gespräch wurde deutlich, dass es einen Wunsch gibt, sich wieder auf das Wesentliche zu besinnen“, erzählt sie. Beide Partner nahmen den Segen an. „Beim Weitergehen flüsterte der eher hartgesotten wirkende Mann: ‚Das hat mich jetzt tief berührt.‘“
Auch Wochenendväter mit Kindern kamen in die Gondeln – und baten um einen fairen Umgang, um Kraft für die Vaterrolle. „Viele wollten einfach ein Zeichen – etwas, das sie mitnehmen können“, so Hofmann-Becker. Für jede und jeden gab es dann auch ein weißes Segensbändchen ans Handgelenk – zur Erinnerung an einen besonderen Tag, vor allem aber daran, dass Gott nicht nur im Riesenrad zuhört. „Und viele, die eigentlich gar nicht wussten, was ein Segen genau ist, ließen sich darauf ein – und gingen erfüllt wieder hinaus.“
Ein Fest voller Geschichten – und voller Vertrauen
Carolin Jendricke, die sich ebenfalls ehrenamtlich als Prädikantin in der Verkündigung engagiert, war überrascht von der großen Nachfrage, vor allem am Sonntag. „Ich bin fast zwei Stunden durchgefahren“, erzählt sie, „und die Gespräche waren unglaublich vielfältig.“ Sie erinnert sich an ein Paar, das im April standesamtlich geheiratet hatte und nun – ganz spontan – noch einen kirchlichen Segen für ihre Ehe suchte. Andere baten um Zuspruch vor einer schwierigen Lebensentscheidung oder zeigten ihre Dankbarkeit für Freundschaft, Familie, das Leben selbst. Auch die politische Weltlage war Thema – viele machten sich Sorgen um Frieden und Zukunft.
Was Carolin Jendricke besonders berührt hat: „Wir haben den Menschen nicht nur Segen zugesprochen – sie haben uns auch etwas gegeben: Vertrauen, Offenheit, echte Emotion.“ Für sie war die Aktion ein Beispiel dafür, wie Kirche heute wirken kann: „Mittendrin im Leben, da, wo die Menschen sind – immer zwischen Himmel und Erde.“
Segen verbindet – auch über Grenzen hinweg
Dass der Segen Menschen verschiedener Religionen und Konfessionen anspricht, zeigte eine Begegnung, die Religionslehrerin Sandra Held besonders bewegte: Eine muslimische Familie nahm das Angebot dankbar an. „Es war ganz selbstverständlich“, sagt sie, „und ich bekam einen Segen in ihrer Tradition und Sprache zurück. Und wir spürten: Es verbindet uns mehr, als uns trennt.“ Für sie war die Segenszeit eine Erfahrung, die auch sie selbst tief bereicherte. „Ich bin dankbar, dass so viele Menschen diesen Moment mit mir geteilt haben. Ich habe das Gefühl, mehr zurückbekommen zu haben, als ich geben konnte.“
Mit einer Prise Humor, einer Handvoll Konfetti – und viel echtem Gottvertrauen wurde aus einer ungewöhnlichen Idee ein Erlebnis, das noch lange nachwirken dürfte. Die vielen Rückmeldungen – oft nur ein leiser Satz beim Aussteigen: „Das hat gut getan“ – sprechen für sich.
Fortsetzung nicht ausgeschlossen
Die Aktion war möglich dank der Kooperation mit dem Schaustellerbetrieb Landwermann, dem Langener Verkehrs- und Verschönerungsverein und der Evangelischen Kirchengemeinde Langen. Für das Team des Dekanats ist klar: „Diese Art von Kirche – sichtbar, erfahrbar, auf Augenhöhe – tut gut. Gerne übernächstes Jahr wieder“, wenn das Riesenrad wieder Station in der Sterzbachstadt macht, heißt es mit einem Augenzwinkern. „Vor allem, wenn die Zusammenarbeit mit dem Schausteller-Team vor Ort so entspannt und unterstützend von statten geht“ – auch dafür sagen Dekan Held und das Team noch mal herzlich „Danke!“ Bis zu einem nächsten Mal bleibt die Erinnerung an einen besonderen Ort zwischen Himmel und Erde – und an das, was dort geschehen ist: Gottes Segen, ganz persönlich.